1958
Bahnhof Hildesheim ca. 1907 [VGG] Im Betriebshof Buchholz 2004 alter Bhf Hildesheim 1958

Auf den Spuren der roten 11 in 78 Bildern (mit Nachtrag 2012)

Fast 60 Jahre lang, vom 22. März 1899 bis zum 27. Mai 1958, konnte man mit der „Roten 11“ von Hannover nach Hildesheim fahren, seit 1908 mit den bekannten roten Vierachsern.

Nach Stilllegung der Strecke Sarstedt – Ahrbergen – Groß Förste – Hasede – Hildesheim fuhren die zwei Nachkriegsneubauzüge noch ein gutes Jahr in Rot weiter, dann war die „Rote 11“ Geschichte.
(zum Vortrag von Günter Hansen am 13.04.2007 im Clubheim)

Die „Rote 11“ war immer eine Besonderheit unter den Außenlinien Hannovers. Sie war auf gesamter Länge von Anfang an zweigleisig angelegt, auch von den Fahrzeugen her hatte die "Rote 11" den Hauch des Besonderen durch die schweren, namensgebenden rot - weißen Vierachser, die nur auf dieser Linie fuhren und auf ihr mit gepolsterten Sitzen, großen Fenstern und geschlossenen Plattformen einen damals nicht gekannten Komfort boten.

Auch nach dem Krieg hatte man anfänglich noch Großes vor. Neben Neutrassierungen bei Steuerwald beschaffte die ÜSTRA im Jahr 1951 bei der Düsseldorfer Waggonfabrik (DÜWAG) einen Zug aus den Großraumtriebwagen 715 und 716 und dem Beiwagen 1524. Geblieben war die rot-weiße Farbgebung, als Besonderheit gab es zwischen 1951 und 1956 ein Speiseabteil im Beiwagen.

Wir dürfen uns recht herzlich für die Hinweise einer Dame aus Döhren bedanken. Sie vermisste einen Hinweis auf das Speiseabteil, weil Sie noch besondere Erinnerungen daran habe. Sie berichtete uns, dass Sie in den 50er Jahren öfter von der Südstadt nach Hildesheim fahren musste. Ihre Mutter habe Ihr immer etwas zugesteckt, damit sie sich im Speiseabteil ein Getränk und eine Wurst kaufen konnte, was die lange Fahrzeit abwechslungsreicher machte.
Bedauerlicher Weise ist die email der Dame aus Döhren nicht mehr auffindbar. Bitte nochmals bei den Eisenbahnfreunden melden.

Zum WEB-Auftritt: Über 9 Abschnitte werden wir die Spuren der "Roten 11" bildlich verfolgen.

Die Bilder wurden von [ohne Kennung], [DK], [HgP], [HE], [WR], [GV] und dem Verlag Gebrüder Gerstenberg, Hildesheim [VGG] zur Verfügung gestellt. Unseren herzlichsten Dank dafür!

Abschnitt 1: Die Innenstadt von Hannover

Bild1 Bild2 Bild3
Die Rote 11 in der Schleife Klagesmarkt kurz nach dem Krieg [HE] Einfahrt in die Schleife Klagesmarkt [GV] Die Schleife Klagesmarkt war auch Abfahrt der Nostalgie Ringlinie

Vorbeifahrt am Nicolaifriedhof Richtung Steintor - Hildesheim [GV] Steintor, Anzeigerhochhaus Steintor, Kurt Schumacher Str. [WR]
Umleitung wegen Schützenausmarsch, Juli 1958
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Rote 11 am Kröpke [HgP] TW715-BW1524-TW716 mit altem Cafe Kröpke im Hintergrund [1958, GV]
Im BW 1524 gab es von 1951 bis 1956 ein Speiseabteil
Das riesige Loch beim Bau der U-Bahn am Kröpke

Der zweite Großraumzug von 1956
TW717-BW1525-TW718 in der Georgstraße am Aegidientorplatz [GV]
Aegidientorplatz mit Linie 11 nach Sarstedt
Aufnahme vom Thüringia Haus [GV]
auch schon Historie:
Aegidientorplatz mit Hochstraße wegen des U-Bahn Baus
Bild7 Bild8 Bild9

Abschnitt 2: Hildesheimer Straße, Döhrener Turm und Depot Döhren

Zur Zeit der „Roten 11“ stand der Döhrener Turm neben der Hildesheimer Straße, die noch Kopfsteinpflaster hatte. Heute steht er mitten zwischen Stadtbahn und Fahrspur Richtung Süden.
Das alte Döhrener Depot ist verschwunden, heute steht dort ein Wohn- und Gewerbekomplex. Das einstmals beengt untergebrachte Depot ist als großzügige Anlage "in den Hinterhof" gezogen.

Der Tag der offenen Tür, an dem neben dem museal erhaltenen Triebwagen 710 der "Roten 11" auch der rote(!) Prototyp 601 aus dem Jahr 1970 für die zukünftige Stadtbahn Hannover gezeigt wurde, fand im Jahr 1975 statt. Da war er aber durch die grünen TW der 6000er Serie bereits überflüssig geworden.



Bild09A Bild10 Bild11
Hildesheimer Straße, "halbe" 11 Richtung Innenstadt Döhrener Turm einst Döhrener Turm heute

Gitterlieferant am Döhrener Turm.
Das Drängelgitter des Fußgängerübergangs über die Stadtbahn ist das Geländer der alten Eisenbahnbrücke über die Hildesheimer Straße
Altes Döhrener Depot 1959
Aufstellraum für zu verschrottende Fahrzeuge der "Roten 11"
Altes Döhrener Depot 1959
Der vierachsige Beiwagen 1512 wird uns betriebsfähig noch zweimal begegnen.
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Tag der offenen Tür im neuen Depot TW 710 beim Tag der offenen Tür im neuen Depot Der TW 710 innen: Gepolsterte Sitze

Abschnitt 3: Hildesheimer Straße in Laatzen

Die in den "historischen" Bildern von Günter Hansen noch allgegenwärtige Konsum-Brotfabrik am Ortseingang von Laatzen mit dem permanent rauchenden Schornstein gibt es schon lange nicht mehr und die Wendeschleife der Linie 1 am Margeritenweg auch nicht mehr, ganz zu schweigen vom Ladegleis an dieser Wendeschleife! Heute kaum noch vorzustellen, wie unbebaut die Hildesheimer Straße südlich dieser Konsum-Brotfabrik war, sogar einen Bauernhof gab es, wo heute große Wohnblöcke entlang der Straße stehen. Und wie leer von Autos war die Hildesheimer Straße mit ihrem Kopfsteinpflaster, wenn nicht gerade Messe war!

zu Bild 21: Entgleist! Beim Ausbau der Weiche des Ladegleises der Wendeschleife Laatzen ist wohl etwas schiefgelaufen.


Laatzen Ortseingang: Beiwagen 1512 Bild19 Laatzen Ortseingang: Messeverkehr Bild20 Alte Wendeschleife Laatzen Bild21
Die Hildesheimer Straße in Laatzen war noch richtig dörflich ... Bild22 ... daran ändert auch der moderne Düwag Zug wenig. Bild23 Laatzen, Höhe Münchner Str. Bild24

Abschnitt 4: Hildesheimer Straße in Grasdorf

1959 lagen die Gleise der Hildesheimer Straße in Grasdorf noch in Sandbettung am östlichen Straßenrand, wie auf der Hildesheimer Linie üblich. Zuerst wurden die Gleise in Straßenmitte verlegt, dann kam die Anbindung des neuen Laatzen unter der neuen Eisenbahnunterführung im Zuge der "Laatzener Hauptstraße" (heute: Erich-Panitz-Allee) mit grundlegend veränderter Gleisführung hinzu, heute führt die Stadtbahnstrecke eingleisig (Gleisverschlingung) auf eigenem Gleiskörper mit Hochbahnsteigen(!) durch die Hildesheimer Straße in Grasdorf.

zum Bild 30: Die Strecke nach Sarstedt wurde 1962 ab Grasdorf, Haltestelle "Neuer Schlag", durch die dortige neue Unterführung auf die östliche Seite der DB geführt und die Strecke westlich der Eisenbahn bis zur ehemaligen Brücke über die DB aufgegeben. Das Bild zeigt die Linie 11 auf der neuen Trasse östlich der Bahn und die noch zweigleisige Nord-Süd-Strecke der DB. Im Vordergrund die Reste der alten Linienführung.



in Grasdorf 1959 Bild25 Ausbau in Grasdorf 1963 Bild26 Ausbau 1973
zum neuen Zentrum Laatzen Bild27
Grasdorf heute Bild28 Grasdorf neuer Schlag Bild29 Reste der alten Strecke Bild30

Abschnitt 5: Rethen westlich der Nord-Süd-Strecke der DB

Die massivsten Änderungen hat wohl der Raum Rethen erlebt. Einst gab es hier die Brücke der "Roten 11" über die Nord-Süd Strecke der DB, es gab ein Depot und die Linie 21 nach Pattensen, die sogar Güterverkehr mit normalen Eisenbahnwagen durchführte! Das Karlsruher Modell läßt grüßen, Fahrzeuge der Straßenbahn, die nach Pattensen übergehen durften, hatten breitere Radreifen und spitze Spurkränze für die Auflauf – Herzstücke im Straßenbahnbereich und waren durch ein Dreieck hinter der Wagennummer gekennzeichnet.

Die Brücke über die Eisenbahn war 1961 ein Hindernis für die Elektrifizierung der Nord-Süd Strecke der DB. Die Strecke nach Sarstedt wurde ab Grasdorf verlegt, damit wurde auch die Verbindungsstrecke zum Depot Rethen und nach Pattensen aufgegeben. Der Gleisanschluss der üstra im Bereich des Bf Rethen bestand noch länger und wurde auch noch benutzt. Das Depot Rethen war noch eine Zeitlang der Stationierungsort für Fahrzeuge des Hannoverschen Straßenbahnmuseums. Heute ist der alte Gleiskörper Grasdorf-Depot Rethen Teil der viergleisigen DB-Strecke Hannover–Bismarckstraße – Rethen.



Bild31 Bild32 Bild33
Bockmaschine auf dem Abzweig von der ehem. Strecke zum Depot Rethen. Im Hintergrund die Rampe zur Brücke über die DB im ehem.Depot Rethen [WR] im ehem.Depot Rethen [WR]
Bild34 Bild35 Bild36
Pattensen-geeignete Stahlwagen im Depot Rethen
Rarität: Linie 21 nach Pattensen auf der Leinebrücke bei Koldingen Die Rampe zur Brücke über die DB in Rethen.
Der Dreiwagenzug aus TW 715-BW 1524-TW 716 fährt nach Hildesheim [HE]
Die Brücke über die DB. Das Vorsignal zeigt "HALT für den Bahnhof Wülfel"! Bild37 Die Brücke über die DB mit BW 1512 [DK]. Das Vorsignal zeigt "Einfahrt frei in den Bahnhof Wülfel"! Bild38 1963 sind Brücke und Vorsignal Historie [DK] Bild39

Abschnitt 6: Rethen östlich der Nord-Süd-Strecke der DB

Die Änderungen östlich der DB waren hauptsächlich Ausbaumaßnahmen. Eine Strecke zum neuen Zentrum Laatzen wurde gebaut, die Umgehungsstraße B 442 nördlich um Rethen herum und die Aufhebung des beschrankten Übergangs am Bahnhof beendete auch die langen Autoschlangen, die den Verkehr auf der Linie 11 behinderten.


Entgleist im Winter 1966 Bild40 Entgleist im Winter 1966 Bild41 vor Rethen 1976 Bild42
Bild43 Bild44 Bild45
Die Neubaustrecke Neues Zentrum Laatzen - Rethen und die im vorherigen Bild im Hintergrund schon sichtbare neue Trasse zwischen Grasdorf und Rethen treffen sich kurz vor Rethen. In diesem Bild aus dem Jahr 1976 fährt die 11 noch über Grasdorf. Rarität: Blick auf den Übergang am Bahnhof Rethen. Die wartenden Autos behindern auch die Linie 11 Der Übergang am Bahnhof Rethen mal ohne Stau, aber mit Linie 11


Abschnitt 7: Rethen bis Sarstedt

Die Strecke Grasdorf, Neuer Schlag – Heisede wurde grundlegend modernisiert und fast durchgängig auf eigenen Bahnkörper verlegt, was fast einem Neubau gleichkam.


Neue Umgehungsstraße gegen den Stau Bild46 Ortseinfahrt Gleidingen Bild47 Ortsdurchfahrt Gleidingen Bild48
Zwischen Gleidingen und Heisede Bild49 Unübersichtliche Kurve in Heisede Bild50 ...einst und jetzt Bild51
Bild52 Bild53 Bild54
Ortsende Heisede, der historische Zug fährt nach Sarstedt auf modernen Gleisen Rarität: Sonderfahrt der "Roten 11" hinter einem grünen Stadtbahnwagen nach Sarstedt Nullpunkt: Die Streckenmitte zwischen Hannover und Hildesheim.
Übergang auf die Kreisstraße nach Sarstedt. Die Gleise in Sarstedt lagen im Kopfsteinpflaster [WR]
Bild55 Bild56 Bild57
Die "Rote 11" vor dem üstra - Bahnhofsgebäude in Sarstedt (rechts).
Die spätere Wendeschleife liegt in Blickrichtung hinter diesem Gebäude.
Das Gleis rechts führt zum ehemaligen Güterbahnhof [WR]
Rarität: Nach Einstellung der weiterführenden Strecke (noch in der Straße erkennbar) kuppelte die "Rote 11" im ehemaligen Güterbahnhof Sarstedt um.
Der Bus nach Hildesheim wartet schon vor dem üstra - Bahnhof [WR]
Die 1958 neugebaute Wendeschleife in Sarstedt.

Abschnitt 8: Sarstedt bis Hildesheim

Mit der Stilllegung der Strecke Sarstedt – Ahrbergen – Groß Förste – Hasede – Hildesheim Ende Mai 1958 endete auch in Hildesheim der Straßenbahnverkehr endgültig, nachdem die Hildesheimer Straßenbahn nach Ende des Krieges nicht wieder in Betrieb genommen worden war.


Haltestelle
Weg nach Ahrbergen [WR] Bild58
Bierbruchbrücke (Ahrbergen) [WR] Bild59 Haltestelle Groß Förste [WR] Bild60
Depot Hildesheim,
seit dem Krieg ohne Dach [WR] Bild61
Fahrzeugmangel Sommer 1946 [VGG] Bild62 Umsetzen am Hbf Hildesheim [HE] Bild63
Umsetzen am Hbf Hildesheim [WR] Bild64 Umsetzen am Hbf Hildesheim [WR] Bild65 Zug 717-1525-718 am Hbf Hildesheim
Kennzeichen: Keine überhängenden Plattformen zwischen den Wagen Bild66

Abschnitt 9: Was ist geblieben?

Als "Silberne 1" fahren die Stadtbahnzüge noch heute bis Sarstedt. Inzwischen ist erfreulicherweise der Weiterbestand der Strecke von Gleidingen bis Sarstedt gesichert, nachdem sich die Region Hannover und der Landkreis Hildesheim über die Aufteilung der Kosten geeinigt haben.

Von den alten Fahrzeugen sind 2 Generationen der "Roten 11" erhalten geblieben. Bei der Üstra der rollfähige Triebwagen 710, im Hannoverschen Straßenbahnmuseum Wehmingen fast alle Neubaufahrzeuge, die meisten allerdings unzugänglich hinterstellt.



Der TW 710 im Depot Buchholz 2004 Bild67 Fahrt nach Fasanenkrug 2004 Bild68 Die trickreiche Kupplung zwischen Rot und Grün Bild69
Zug 715-1524-716 am Hbf Hildesheim 1958 Bild70 ex 715 im Hannoverschen Straßenbahnmuseum Bild71 ex 715 im Hannoverschen Straßenbahnmuseum Bild72


"Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns mit ihnen" sagten schon die alten Römer vor 2000 Jahren und diese Weisheit ist heute genau so aktuell wie damals. Ein riesiges Dankeschön an Günter Hansen, der uns auf eine spannende und informative Zeitreise mitgenommen hat.

(Zum Bericht in "Freie Bahn" 3/2007)

Aber die Rote 11 bleibt unvergessen!

Zum Gedenken an die (unrunde) 54-jährige Stilllegung der Strecke Hildesheim – Sarstedt am 27.05.1958 hatte der Förderverein Straßenbahn Hannover e.V. am 28.05.2012 (Pfingstmontag) zwei Erinnerungsfahrten nach Sarstedt angesetzt.

Da der TW 710 als letzter Überlebender der historischen Fahrzeuggeneration nicht aus eigener Kraft fahrfähig ist, diente der ebenfalls museal erhaltene 6-achsige Düwag Gelenkwagen 522 als "Zugpferd".

Und dieses Pärchen legte ein solches Tempo vor, das man als Fotograf im Auto kaum hinterherkam!
Wir wünschen weiterhin gute Fahrt!



Der 710 in neuer Schönheit im Depot Döhren Die Fahrt nach Sarstedt beginnt überpünktlich kurz vor der Ortseinfahrt von Heisede
Bild 73 Bild 74 Bild 75
Bild 76 Bild 77 Bild 78
Auf der Rückfahrt von Sarstedt am "Nullpunkt", der ehemaligen Streckenmitte zwischen Hannover und Hildesheim Fahrt durch Wülfel Die Fahrt ist bald zu Ende, der Zug biegt vor der Peiner Straße in Richtung Depot Döhren ab.


Die Bilder der Erinnerungsfahrt vom 28.05.2012 stammen vom Webmaster
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